Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Regionen (OPAC): Niedersachsen
Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
Geschlecht (WdK): koedukativ
Konfession (WdK): offen für alle
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auf diese Weise ein einer steinernen Hütte nicht unähnlicher Raum gebildet wird. Die Decksleine sind zum teil sehr groß; einige sind c. 4 Meter lang und 3 Meter breit. Die Träger senken sich durch ihr eigenes Gewicht und das Gewicht der auf ihnen liegenden Decksteine immer mehr in den Boden. Zwei von den Steinhäusern liegen in Trümmern; von den fünf noch völlig erhaltenen liegen vier in einer geraden Linie. Das fünfte und größte ist ein wahres steinernes Haus, welches heute noch unserer Bewunderung würdig ist. Die Träger sind sieben genau in einander passende, inwendig bearbeitete Steinblöcke, die von einem einzigen Decksleine geschlossen werden. Die innere Grundfläche beträgt etwa 13 Quadratmeter. Der Deckstein ist über 4 Meter lang und über 3 Meter breit, % Meter dick und soll 1500 Centner wiegen. Vor dem Eingänge stehen noch zwei Granitblöcke als Pfosten. Mit Staunen steht der einsame Wanderer, welcher durch diesen unwirtlichen Teil der großen Lüneburger Heide zieht, von diesen Denkmälern aus grauer Vorzeit; er fragt sich, wie es möglich gewesen, daß Menschenhände solche Bauwerke haben schaffen können, zu einer Zeit, wo man noch nicht die bewegende Kraft des Dampfes kannte, wo den Menschen weiter kein Hülfsmittel zu geböte stand als ihre eigene Körperkraft. Fast ist man versucht, an ein jetzt ausgestorbenes Hünengeschlecht zu glauben, welches diese Steine aus weiter Ferne hierherwälzte und hier auftürmte zu diesen riesigen Baudenkmälern, welche die Stürme vieler Jahrtausende überdauert haben und wohl noch Jahrtausende überdauern werden. Einzig in ihrer Art stehen die sieben Steinhäuser da. Wohl finden sich auch an andern Orten im alten Sachsenlande solche heidnische Opferstätten und Opferaltäre; doch was sind selbst die berühmten Karlssteine im Hon bei Osnabrück, die der Sage nach Karl der Große mit seiner Reitgerte in Stücke schlug, gegen diese ungeheuren Steinriesen?
Bei den Steinhäusern wurden in uralter Zeit, wie uns überliefert wird, die Volksversammlungen oder Mai-
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Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Inhalt: Zeit: Mittelalter
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alter Graukops mit Euch, denn es verlangt mich, noch einmal das Gesicht meines lieben Bruders Diethelm und seines trauten Ehegemahls zu sehen, und aus ihren Händen die Heiligtümer entgegen zu nehmen, die sie mir für unser Kirchlein versprochen. Und jetzt will ich hingehen nach Stübeckshorn und mit Deinem Vater reden; Du magst unterdessen die Herde zusammentreiben und mir dann nachfolgen". Mit diesen Worten erhob sich der Mönch, grüßte den Jüngling freundlich und schritt rüstig nach der Richtung hin, wo hinter hohen Eichbäumen verborgen der Freihof lag.
Zweites Kapitel:
Der alte Liüung und sein Sohn.
Rings von einem hohen Holzzaun umgeben lag in einem Eichenhaine der Freihof Stübeckshorn, das uralte Stammhaus der Familie Billuug. Das Wohnhaus war aus dicken, roh behauenen Eichenstämmen zusammengefügt; die Wände desselben, welche nur wenige Fuß hoch waren, so daß das Dach fast die Erde berührte, bestanden aus Holzgeflecht, mit Lehm beworfen; das Dach war aus Schilf gar künstlich hergestellt und auf der First lagen zur bessern Befestigung des Daches große Rasenstücke. An den beiden Giebelseiten sah man, über das Dach hervorragend, das alte sächsische Wahrzeichen, zwei aus Hol; künstlich geschnitzte Pferdeköpfe. An der Westseite des Hauses befand sich das große Einfahrtsthor; dasselbe lag etwas zurück, so daß ein freier Raum vor demselben sich befand, welcher nach dem Hofe zu durch eine halbe Gitterthür vor dem Eindringen Unbefugter geschützt war. Dieser freie Raum, noch heute eine Eigentümlichkeit der alten niedersächsischen Bauernhäuser, wurde vielleicht auch schon damals das „Heckewam" genannt. Trat man nun durch die Einfahrtsthür in das Haus,
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Inhalt: Zeit: Mittelalter
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so sah man zunächst, links und rechts, zu beiden Seiten der Diele, die Stallungen für Pferde und Rindvieh; denn fchon damals liebte es der Niedersachse, mit seinem Vieh unter einem Dache zu wohnen. Der Einfahrtsthür gegenüber lag der aus Steinen aufgemauerte Herd, auf welchem fast beständig das Feuer brannte, dessen "Rauch sich durch Thür und Dachluken einen Ausgang suchte; vor dem Herde stand ein großer Tisch, aus schweren eichenen Bohlen zusammengefügt, und um diesen Tisch standen so viel Stühle, als die Familie Glieder zählte. Hinter dem Herde endlich lagen einige Zimmer, die Wohn- und Schlafstätten der Familie Billung, während das Gesinde feine Schlafstätten über den Vichställen hatte. Auf dem Hofe unter den dicken Eichbäumen tummelte sich grunzend und quiekend eine Herde Schweine; auf einem eingepferchten Grasplatze weideten Pferde und Rinder in beträchtlicher Anzahl, und zwei Hunde lagen als treue Wächter des Hofes vor der großen Hausthür, und schauten den Weg entlang, der vom Hofe auf das Feld hinausführte.
Hermann Billung, der Aeltere, der Vater des Jünglings, dessen Bekanntschaft wir im vorigen Kapitel gemacht haben, der Besitzer des Freihofes Stübeckshorn und der dazu gehörigen Höfe Millingen, Harmelingen, Dittmern, Emmingen, Hermannsburg, Lutterloh und Wichmannsburg, stand auf dem Hofe und schaute den Knechten zu, welche damit beschäftigt waren, die Wände eines großen ^>tallgebäudes auszubessern. Auch er war eine hohe, kräftige Gestalt, noch nicht gebeugt von der Last der sechzig Jahre, welche auf seinen Schultern ruhten und sein Haupthaar und seinen langen wallenden Bart weiß gefärbt hatten. Gesund und frisch war die Farbe seines Gesichtes und sein Blick glich dem Blick eines Adlers. Seine kräftige Hand wußte noch heute das Schwert zu führen, und ein wie tapferer Held er war, das hatten zu wiederholten Malen die räuberischen Wenden erfahren müssen, welche einmal sogar bis Hermannsburg vorgedrungen waren, dort das alte Holzkirchlein, das älteste
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geführt; dann öffnete sich die Pforte desselben, und der dunkele, unheimliche Raum nahm die Gefangenen und ihre Peiniger, die Heidenpriester, auf. Von dem Volke betraten nur Jaczo und einige der Vornehmsten den Tempel; die Menge blieb vor demselben stehen, da ihr der Eintritt in das Heiligtum verwehrt war. In der Mitte des Tempels stand das Bild Radegasts, eine hölzerne, nicht ohne Kunst geschnitzte Figur eines Kriegers mit einem widerwärtigen Antlitz. Goldene Zierraten aller Arta Armbänder, Spangen, Ohrgehänge, waren an das Bild gehängt; vor demselben stand ein aus Steinen roh aufgebauter Altar. Bei dem Eintritt in den Tempel stimmten die heidnischen Priester einen eintönigen Gesang zu Ehren des Kriegsgottes an, indem sie dabei ihre Schlachtbeile schwangen und mit scharfen Messern sich die Haut ritzten, daß das Blut hervorquoll. Der Schmerz, den sie sich selbst dadurch verursachten, erhöhte ihre Wut; wilder wurde ihr Gesang, drohender ihre Gebärden. Nun wurde durch die Thür des Tempels ein schwarzer Stier herbeigeführt; sein Tod sollte das Opferfest einleiten, so wollte es die Sitte. Er wurde vor den Altar des Götzen geführt, wo ein wohlgezielter Beilhieb ihn in den Nacken traf, so daß er ächzend zusammenbrach. Wie eine Meute hungriger Wölfe stürzten sich die Priester auf das am Boden liegende Tier; mit gierigen Blicken wühlten sie in den Eingeweiden des Opfers, um aus denselben die Zukunft zu erkunden; dann wurde das Tier zerteilt, und die besten Stücke desselben auf den Altar vor dem Bilde des Kriegsgottes niedergelegt.
Mit Entsetzen hatten die gefangenen Christen diese Greuel angesehen; sie wußten, jetzt kam die Reihe an sie. Sie wurden vor den Altar gestellt, welcher noch von dem Blute des ersten Opfers rauchte, und wiederum begannen die Priester ihren eintönigen Gesang und ihre wilden Tänze. Da warf Adeldag einen Blick auf seine Schicksalsgenossen, und wie aus einem Munde begannen sie mit lauter Stimme das „Miserere“ („Herr, erbarme dich") zu singen. Es sollte ihr Totengesang sein; aber
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Inhalt: Zeit: Mittelalter
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Erstes Kapitel:
Die Klause am Lutterüach.
Mer alte, fromme Pater Wilbrand hatte sich keinen ^ schlechten Platz ausgesucht, als ihm Herzog Lothar von Sachsen, Herr von Supplingenbnrg, gestattete, am Fuße des Elmgebirges sich einen Ort zu wählen, wo er Gott und den Heiligen fürder Tag und Nacht dienen könnte. Mit den Augen eines feinen Naturkenners hatte er das Ufer des Bächleins gewählt, welches wegen feines klaren, lautern Wassers die Lauter oder Lutter genannt wurde und heute noch so genannt wird. Unter finstern Tannen und Buchen erbaute er sich dort, als ein geschickter Werkmeister, mit eigener Hand ein Hüttlein, dessen Dach er mit Rohr deckte und dessen Wände er mit Lehm und Moos dicht machte gegen die Unbilden der Witterung. Ein Tisch, ein Stuhl und eine Bank, alles roh mit einem Beile gearbeitet, bildete fein gesamtes Hausgerät; auf einem Gesimse standen einige irdene Schüsseln und Krüge, und in einer Ecke befand sich die ärmliche Lagerstatt, ein mit dürrem Laub gefüllter Sack und darüber liegend einige Reh- und Hirschfelle. Neben dieser Klause stand ein großes Kreuz, und zu Füßen desselben war aus rohen Steinen ein Altar aufgerichtet, welcher statt einer Decke mit grünem Epheu ganz überzogen war. In den Zweigen einer hohen, stattlichen Buche aber hing, im Sommer von grünem Laube ganz verdeckt, ein Glöckleiu, ein Geschenk der frommen Herzogin Richenza, der Gemahlin Lothars, welches Wilbrand dreimal täglich läutete, so daß der Schall weit hinunter tönte in das Thal und die Landleute zum Gebete rief.
Tiemann, Die Supplingenburger. 1
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geworfen. Zu Quedlinburg sind Steine vom Himmel gefallen, die rochen wie höllischer Schwefel, und zog bei Nacht ein leuchtend Feuer wie der Drache selbst durch den Elm. Der tiefe See, in dem vor etlichen Jahren das Dorf Schoderstedt versunken, ist gar verschwunden und an seiner Stelle viel weißer Sand aus der Tiefe gequollen. Herr, erbarme Dich unser!"*)
Dieses auf so traurige Weise untergegangene Dorf Schoderstedt hatte auch während der großen Pest, von der wir erzählt, viel zu leiden. Damals hatte sich Rodbert, der heilkundige Köhler, Tag und Nacht bemüht, den Kranken im Dorfe seine Hülse zu bringen. Von vielen wurde dieselbe willig hingenommen, viele aber wollten lieber ihre Angehörigen sterben sehen, als dem Verfemten Zutritt zu ihrem Hattfe gestatten. Als nun aber die Seuche vorbei war, vergaßen auch die Genesenen bald den Dienst, den er ihnen erwiesen, und von niemand hatte Rodbert so viele Widerwärtigkeiten zu erdulden, als von den Bewohnern Schoderstedts. Dieser Undank schmerzte den braven Mann freilich tief, aber er ertrug ihn schweigend. Als aber nun eines Tages feilt Weg ihn durch das Dorf führte, wollte er ermüdet in der Schmiede einkehren, um sich einen Bissen Brot und einen Trunk Wasser auszubitten; denn er war hungrig und durstig von der weiten Wanderung. Meister Gerhard, der Schmied, war ihm bekannt; denn auch ihn und sein Weib hatte er einst vom Tode errettet, und um so mehr durste er hoffen, daß derselbe seine bescheidene Bitte erfüllen würde. Aber bitter hatte er sich getäuscht. Als er die Werfstätte betrat, wo gerade der Meister mit seinen Gesellen die noch rotglühenden Reifen mit ein Wagenrad legte, und er seine Bitte vortrug, schwang Meister Gerhard drohend seinen Hammer gegen ihn und gebot ihm, sofort fein Haus zu verlassen. Eine solche Abweisung hatte er nicht erwartet; er blieb in der Thüröffnung stehen und starrte den Schmied mit vorwnrfs-
*) Vergl. Spehr, Vaterländische Geschichten rc. I, S. 241. 242.
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Inhalt: Zeit: Mittelalter
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vollen Augen an, ohne jedoch ein Wort zu sagen. Da aber rief dieser seinen großen Hund und hetzte ihn auf den armen, geplagten Mann. Diese Roheit trieb Rodbert die Galle ins Blut. Kaum wissend, was er that, erhob er drohend die Hand und stieß laute Verwünschungen ans; dann aber eilte er, so schnell er vermochte, die Dorfstraße entlang. Aber bald war das ganze Dorf in Aufruhr; aus allen Häusern drangen Menschen, Steine flogen hinter dem Fliehenden drein und ein johlender Hanse verfolgte ihn fast bis an den Rand des Waldes.
Tiefgekränkt, matt und abgehetzt näherte er sich, als es faft schon Abend wurde, seiner Hütte im Gebirge. Dieselbe stand auf einem geebneten Platze, beschattet von stattlichen Buchen, und war genau so gebaut und eingerichtet, wie noch heute die Köhlerhütten sind. Nur in einem unterschied sich die Hütte Rodberts; sie war durch eine Scheidewand in zwei Teile geteilt, so daß ein größeres und ein kleineres Gemach entstand. In dem größeren befand sich der Herd, auf welchem auch jetzt ein Feuer brannte, ein Tisch, einige Schemel und das notwendigste Hausgerät, sowie die Lagerstatt Rodberts, welche wie die Wilbrands aus einem mit Laub gefülltem Sack und einigen Wildhäuten bestand; das kleinere Gemach war die Schlafstätte Berthas, der holden Tochter des Köhlers. Jetzt stand Bertha vor der Thür der Hütte und spähte den gewundenen Pfad hinab, der in den Wald führte, ob noch nicht der Vater zwischen den Bäumen sichtbar werde. Ihr treuer Begleiter, der zottige Hund, der auf den Namen Wolf hörte, saß neben ihr; sie hatte die eine Hand liebkosend auf den breiten Kopf des treuen Tieres gelegt, und freundlich blickte dieses in das Gesicht seiner jugendlichen Herrin. Ein Kleid aus grobem Wollenstoff umgab den Körper der Jungfrau; ihr dichtes, braunes Haar fiel in zwei starken Zöpfen bis tief in den Nacken hinab. Obgleich sie jetzt so ganz allein im dichten, dunkeln Walde sich befand, kannte sie doch feine Furcht; unter dem Schutze ihres treuen Hundes fühlte sie sich völlig sicher, und es wäre auch für niemand geraten ge-
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wesen, sich der Hütte in anderer als in freundlicher Absicht zu nahen.
Jetzt hob Wolf den Kopf und knurrte leise; dann stieß er ein kurzes Freudengeheul aus und stürmte den Waldpfad hinab. Durch die Lichtung der Bäume hatte er seinen Herrn auf die Hütte zuschreiten sehen, noch ehe Bertha den Vater bemerkt hatte. Gleich darauf trat dieser zwischen den Bäumen hervor, und jetzt eilte auch Bertha ihm entgegen und schlang fröhlich ihre Arme um den Hals des Vaters. Hand in Hand schritten die beiden dann, gefolgt von dem schweifwedelnden Hunde, der Hütte zu, und während nun Bertha für sich und den Vater das einfache Nachtessen bereitet, wollen wir uns den Köhler, der sich erschöpft vor seiner Hütte auf einen Schemel niedergelassen hatte, näher betrachten.
Rodbert war ein Mann von etwa sechzig Jahren. Er war von hoher, stattlicher Gestalt, mit dnnkelm Haar und dunkeln Augen. Sein Gesicht war gebräunt; auf demselben lagerte ein schwermütiger Ernst, und nur selten glitt ein Lächeln über seine auch im Alter noch schönen Züge. Die anstrengende Arbeit, der er Tag für Tag oblag, hatte seine Muskeln gestählt; er besaß noch die Kraft eines Jünglings, und ungebeugt war fein Körper von der Last der Jahre. Als er so vor der Hütte saß und sinnend in den Wald schaute, hätte man ihn kaum für einen Mann gehalten, der durch harte Arbeit für sich und sein Kind das tägliche Brot verdienen mußte. Eine unnennbare Hoheit thronte auf seiner Stirn, und wäre er, statt mit seinem groben Leinenkittel, mit einem Panzer bekleidet gewesen, man hätte ihn für einen der tapfern Ritter halten können, denen man an den Höfen der Fürsten begegnete.
Jetzt trat Bertha aus der niedern Thür der Hütte und rief dem Vater zu, daß das Essen bereit sei. Auf dem mit einem reinlichen Leinentuche bedeckten Tische standen die einfachen Speisen, Käse, Brot und Waldbeeren, und nachdem Rodbert ein kurzes Tischgebet gesprochen, setzten sie sich nieder zum essen; aber dem Vater
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Inhalt: Zeit: Mittelalter
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Gebet erhören wirst". Und zufrieden legte er sich, als er in seiner Klause angelangt war, auf sein ärmliches Lager.
Rodbert aber durchmaß in derselben Zeit, in tiefe Gedanken versunken, mit langsamen Schritten den engen Raum seiner Hütte. Endlich stand er still und sagte mit einem tiefen Seufzer: „Es muß sein; großer Gott, Du bist mein Zeuge, daß ich nicht mutwillig die Ruhe und den Frieden des lieben Kindes stören will. Du weißt auch, wie schwer es mir wird, mich von ihm zu trennen; aber es muß sein. Ich darf Bertha nicht noch einmal einer solchen Gefahr aussetzen, und ich muß mein Wort einlösen, das ich einst einem Freunde gegeben". An dem Herde, aus welchem noch einige Kohlen glühten, entzündete er einen Kienspan, und schritt in einen Winkel der Hütte, wo eine schwere mit Eisen beschlagene Truhe stand. Mit einem Schlüssel, den er an einer starken Schnur auf der Brust trug, öffnete er das Schloß und hob den Deckel empor, und alsbald füllte ein eigentümlicher Geruch, wie Minze, Lavendel und Thymian, den engen Raum. Eine Menge Kräuterbündel waren es, die diesen Duft aus-strömen ließen; Rodbert hob sie behutsam aus der Lade und legte sie auf sein noch unberührtes Lager. Nachdem er noch manche andere Gegenstände beiseite gelegt, sah er endlich am Boden der Truhe einen kleinen Kasten, von Eichenholz kunstvoll geschnitzt und mit Silberzierrat beschlagen. Er hob denselben heraus, drückte an einer Feder, und der Deckel sprang ans. Ein wehmütiges Lächeln glitt über die Züge Rodberts, als er den Inhalt des Kästchens musterte. Eine goldene Halskette, eine Perlenschnur, mehrere goldene Ohrgehänge, Armbänder, Ringe und Spangen waren es, die ihm entgegenstrahlten; unter diesen Kleinodien lag eine zusammengelegte Pergamentschrift, mit einem großen Siegel versehen. Diese Schrift entnahm er dem Kasten und vertiefte sich in das Lesen derselben. Als er geendet hatte und er noch einmal beim Scheine des Kienspans genau das Siegel angesehen, faltete er seufzend das Pergament wieder zu-
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war nahe und er war gewohnt, dasselbe im Kreise seiner Familie zu feiern. Der Winter lag mit dem Frühling im heftigen Kampfe; heiteren, warmen Tagen, an denen die Sonne die Herrschst behauptete und an den Zäunen und Hecken bereits Schneeglöckchen und Anemonen hervorlockte, folgten rauhe Schnee- und Regentage, an denen wieder der Sturm über die Fluren raste, die kalten Regentropfen an die Fenster klatschten und die Ziegel auf dem Dache unheimlich klirrten und rasselten. An einem solchen rauhen Märztage war es, als abenbs, währenb die Bewohner der Burg am Kamin saßen und Lothar seiner Gemahlin und Bertha von seinen Kriegsfahrten erzählte, der Thorwart ins Zimmer trat und melbete, daß Leute aus dem nahen Dorfe eine vor Kälte erstarrte Bettlerin auf dem Felbe gefunben und in die Burg gebracht hätten. Kaum hatte Bertha bieses gehört, als sie die Spinbel, womit sie sich beschäftigt, beiseite legte und dem Thorwart auf den Burghof folgte. Der Regen, untermischt mit mißfarbigem Schnee, ergoß sich in Strömen vom Himmel; unter dem Thore sah sie beim Scheine einer Laterne einen Trupp Bauern und Dienst-leute vom Schlosse stehen, und auf einem Strohbünbel lag das unglückliche Weib, welches vor Kälte leblos schien. Von innigem Mitleib bewegt, gebot Bertha den Leuten, die Arme in das Erbgeschoß des Schlosses in ein warmes Gemach zu tragen; hier würde ein Lager bereitet, und nachdem man ihr trockene Kleider angelegt, wurde sie auf demselben sanft gebettet. Es gelang auch, der Fremden einige Tropfen eines warmen, belebenden Trankes einzuflößen, und endlich schlug sie die Augen auf. Aber im eigentümlichen Feuer glänzten diese schwarzen, stechenden Augen; unruhig sah das Weib sich um in dem ihr unbekannten Raum. Ihr Blick hatte etwas so unheimliches, daß die Mägde, die neben dem Lager standen, sich bekreuzten und leise flüsterten: „Eine Hexe, eine Hexe"! und eine nach der andern schlich sich heimlich aus dem Zimmer, so daß Bertha zuletzt mit der Alten allein blieb. Sie teilte nicht die abergläubische Furcht der Mägbe; sie
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